von Ute Haller
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24. Januar 2021
Home Schooling - jahrelang hatte ich die Eltern in anderen Ländern bemitleidet, die das absolvieren mussten. Nun traf es mich beim vierten Kind doch noch. Wegen Corona bleibt auch die Förderschule Schule geschlossen. Der Lehrplan per Post beinhaltet für die Berufsschulstufe Wäschedienst, Härtegrad prüfen, sortieren und aufhängen. Dann Thema Küchensicherheit und ein Arbeitsbuch über Zeitgeschichte. Ich blättere es durch, frage nach und staune über das Wissen meines autistischen Sohnes - Stauffenberg, Demontage, Marktwirtschaft, Verfassung... alles Sachen die er mir erklären kann per FC.(Gestützte Kommunikation) Ein Teil widmet sich auch der DDR Geschichte und endlich schließen sich meine Wissenslücken. Wie kam es zur Annäherung, welche Rolle spielte Gorbatschow usw. Nachdem das durch war schalten wir um auf den Alpha Kanal Mathematik- da geht es heute um binomische Formeln. Anschaulich erklärt mit Skizzen eines jungen engagierten Professor - und endlich kapiere ich auch das. Zu meiner Schulzeit hatte ich mich da irgendwie durchgeschlängelt, ohne es wirklich zu begreifen, aber jetzt kommt erst die Erkenntnis. Hat vielleicht doch Vorteile, dieses Home Schooling! Was fehlt, ist der gewohnte Rhythmus - raus aus dem Haus, rein in den Bus, raus in die Schule. Dabei ist Struktur und Ritual doch so wichtig für autistische Kinder. Dazu kommen die Fragen: Wie lange? Warum? Na gut, letzteres klärt sich im Laufe der Zeit durch Nachrichtensendungen, und ein bisschen hilft auch die Tasche, dass es in anderen Ländern auch nicht anders zugeht und das für alle eine besondere Zeit mit viel Neuem ist. Wie auch immer - es muss viel erklärt werden, und da niemand weiß, wann es wieder weitergeht muss man sich in Geduld üben. Bis dahin brauchen wir einen Tagesplan, der feste Zeiten für Lernvideos beinhaltet, Geregelte Mahlzeiten und Pausen. Mindestens einmal am Tag raus, einkaufen, Spaziergehen, zum Briefkasten, Altglas einwerfen… und hoffen auf bessere Zeiten!