Heute gehen wir zum Zahnarzt Heute ist Zahnarzt dran - sonst ein unbeliebter Termin nach einem langen Schultag, heute dank Coronavirus eine willkommene Abwechslung. Wir machen uns auf den Weg zur Bushaltestelle. Ich trage meinen Mundschutz, mein Sohn ist aufgrund seiner Behinderung Gott sei dank davon befreit. Schon ein Fortschritt, dass er meinen nicht runterreißt, weil es neu und ungewohnt ist. In der Tasche habe ich das Schreiben vom Gesundheitsministerium- man kann nie wissen. Der Bus ist mit vier Personen mit spärlich besetzt, und auch in der u-Bahn gibt es nicht so viele Menschen wie sonst. Beim Zahnarzt sind die Wartezeiten so gestaltet, dass immer nur ein Kind mit Elternteil im Wartezimmer ist. Während mein Sohn sich relativ geduldig Zahnstein wegkratzen lässt überlege ich zum wiederholten Male, wann für ihn als 1,90 Jüngling die Zeit zum Wechsel in eine normale Praxis dran ist. Im hellen Licht der Lampe entdecke ich erste Härchen auf seinem Kinn. Dann machen wir uns erleuchtet auf den Heimweg. Beschwingt gehe ich noch in den kleinen Asienladen und kaufe Sojasoße und frischen Tofu. Was macht er da, fragt der Inhaber wegen Simons fehlendem Mundschutz, lässt sich aber gerne aufklären. Dann wieder zurück mit der U-Bahn. Beim Einsteigen bin ich kurz durch eine Frau mit Kinderwagen abgelenkt, schon lässt sich mein abstandsresistenter Sohn auf einen Viererplatz plumpsen, wo bereits eine Dame sitzt. Noch bevor ich den Mund öffnen kann, springt sie schimpfend auf, du dummer, dummer Mensch, ruft sie kopfschüttelnd und empört und sucht sich einen neuen Platz . Mein Sohn schaut verständnislos, ich versuche zu erklären, dass es im Moment wichtig ist, Abstand zu halten und sich nicht automatisch auf freie Plätze zu setzten. Beim Umsteigen und warten am Bahnsteig dann wieder das gleiche Szenario, er lässt sich glücklich auf einen leeren Sitz fallen und das junge Mädchen daneben springt auf und stellt sich etliche Meter weit weg. Nun ist es ja allgemein mit der Toleranz gegenüber Menschen, die sich anders verhalten, nicht so weit her. Aber nun sind alle offensichtlicher noch ängstlicher bzw. Abweisender. Puh, da steht uns ja noch einiges bevor. Nachdenklich gehen wir dann ohne weitere Zwischenfälle nach Hause.